Donnerstag, 7. Juni 2007

Aufs Zahnfleisch, Jungs!


Ihr Armen: Eure Penthouse-Wohnung seht ihr kaum noch, eure Frau langweilt sich und das einzige, was euch noch richtig Freude macht ist euer Kontostand.

«Haie in Nadelstreifen» werden sie genannt. Ihr Wohnsitz ist irgendwo in der Business Class von British Airways, und ihre Arbeitgeber sitzen in New York und London. Investmentbanker zählen wieder zu den begehrtesten und bestbezahlten Mitarbeitern im globalen Finanzgeschäft.

Die großen Adressen wie Morgan Stanley, Goldman Sachs und Merryll Lynch haben aber mittlerweile Schwierigkeiten, ihr Personal bei der Stange zu halten. Der Boom insbesondere an den Finanzmärkten in China, Indien und Osteuropa und das wachsende Geschäft mit Fusionen und Übernahmen bescheren den Investmentbankern einen Haufen Arbeit - und Überstunden ohne Ende.

Ja, das kommt euch bekannt vor. Und darüber hättet ihr euch vor ein paar Jahren wahrscheinlich noch riesig gefreut...

Das war einmal anders: Heerscharen von Investmentbankern wurden auf die Straße gesetzt, nachdem die Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende an den Börsen geplatzt war. Nachwuchs wurde nicht ausgebildet. Es ist noch gar nicht so lange her, dass JP Morgan sich brüstete, mit der Hälfte des Personals von 2000 dieselben Gewinne einzufahren. Dass die Banker so schnell wieder von ihren früheren Arbeitgebern gesucht werden, hätte kaum jemand gedacht – nicht einmal sie selbst.

Jetzt sitzen die Großen in der Patsche. Und selbst die Experten an der Wall Street machen den Hans-guck-in-die-Luft, weil nicht mal geahnt haben, dass die Börsen so schnell wieder auf dem Damm sind...

«Wir platzen aus allen Nähten», zitiert die «Financial Times» den Abteilungsleiter einer Investmentbank an der Wall Street. Für die Banken birgt die Überlastung der verbliebenen Banker indes Gefahren. Wer überarbeitet ist, macht Fehler - und die können im Finanzgeschäft schnell hohe Strafzahlungen und Entschädigungen sowie einen Imageverlust nach sich ziehen.

Na, wer da keine Angst bekommt. Aber keine Sorge, es gibt - besonders in den USA - ja jede Menge frei erhältliche Aufputschmittel für eure geliebten all-nighter. Denn wenn die VPs nur schlecht qualifiziertes Personal rumschubsen können, müssen sie wohl selber ran...

Schlimmer noch als die Überlastung findet die internationale Personalberatung Egon Zehnder die mangelnde Qualifikation der nach den Entlassungswellen verbliebenen Banker: Die Vice Presidents der internationalen Geldhäuser müssten mit Junior-Bankern arbeiten, die für ihre Arbeit nicht die erforderliche Erfahrung mitbringen, klagt Rob Sloan, Personalberater bei Egon Zehnder.Die Arbeitgeber stecken deshalb in der Klemme: Sie wollen trotz der personellen Engpässe am wachsenden Geschäft mit Fusionen und Übernahmen verdienen – mehr Personal einstellen wollen sie aber nicht.

Schade auch. Trotz Engpässen wegzurationalisieren ist ja auch nicht der Königweg... Aber angeblich haben die Banker-Bosse ja gute Gründe...

Sie wollen trotz der personellen Engpässe am wachsenden Geschäft mit Fusionen und Übernahmen verdienen – mehr Personal einstellen wollen sie aber nicht. Nach den harten Einschnitten zur Jahrtausendwende ist die Sorge groß, der Börsenboom in Asien habe seinen Zenit schon überschritten. Da lohne es sich nicht, zusätzliches Personal einzustellen, das in einigen Monaten ohnehin nicht mehr gebraucht wird. Stattdessen verstärken sie den Druck aufs Personal.

Na toll. Und das macht dann schlapp oder schluckt Pillen. Wie wär's denn, wenn die Zeitarbeitsbranche auch auf die Investment-Banken übergreift? Sie würde immer passende Banker anbieten - dick und dünn, groß und klein, Analysten und VPs. Und die Unternehmen könnten sie nach Belieben entlassen und drei Tage später, wenn die Panik über schrumpfende Märkte wieder verflogen ist, wieder einstellen. Wie Wanderpokale. Das übrige Personal wäre entlastet und würde konzentriert arbeiten, weil vielleicht sogar ab und zu eine Mittagspause drin wäre. Und die Firma hätte keine panische Angst mehr vor einem Warcraft spielenden Überschuss an Personal. Nur das tolle Image, tja, das wäre futsch. Think about it.

[Textelemente aus der Netzeitung]



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